Herbert Kickl, Möchtegern-Volkskanzler, so die eigene Rollendefinition, hat ein wenig Philosophie studiert, und somit dürfte ihm der Begriff des Eklektizismius vertraut sein. Es geht dabei um die Verbindung von Ideen, verbalen Versatzstücken, Theorien unterschiedlicher Herkunft unter einer selbstgestrickten Klammer.
Cicero wird als einer der frühesten Eklektizisten genannt, und siehe da: Wir kennen ihn auch als Volkstribun. Auch Paulus von Tarsus wird genannt: „Prüft alles und behaltet das Gute!“ schreibt er ein seinem Brief an die Thessaloniker.
Für durchschnittliche FPÖ-Wähler:innen ist das bedeutungslos. Und auch die Kritik am Eklektizismus, der in diesem Umgang mit fremdem Denken eine utilitaristische Ausbeutung von Denk- und Sprachmustern sieht, die den benutzten Quellen oft genug Gewalt antut, wird für sie ins Leere gehen.
Der Eklektizist hat kein Problem damit, auch konträre Formeln unter einen – seinen – Nenner zu bringen. Für ihn gilt die Annahme, dass Aussagen durch Ausdeutung zu Wahrem werden. Und was das richtigere Richtig ist, versammelt sich erst in seiner Auslegung zu Wahrheit.
Für durchschnittliche Wähler:innen wird das auf die Kurzformel heruntergebrochen: „Er sagt, wie’s ist!“ Das schamlose Spiel mit Zitaten – „Euer Wille geschehe!“ – wird ausgereizt bis an die Grenzen des Lachhaften: „Ich bin das Werkzeug in Euren Händen!“
Alles kein Hindernis für eklektizistisch Gläubige beliebiger Spielart. Die leben ohnedies in einer Welt der Polykrise, fühlen sich bedroht von allen Seiten, möchten wenigstens ihre eigene, kleine Welt frei halten von Angriff und Verunsicherung, wollen keinen, der erklärt, wie komplex die Gegenwart geworden ist, das spüren sie ohnedies. Moralische Mitverantwortung übernehmen? No way …
Die „Freiheitskünstler“ (© Paul Zulehner) verwehren sich gegen Solidarität und Ideologie, sie vertrauen darauf, dass „in Wirklichkeit“ eh alles ganz einfach wäre. Und in den eklektizistischen Teilbereichen komplexitätreduzierter Wirklichkeitsverballhornung ist es das ja auch. Wo der Welthorizont durch die Bretter des eigenen Bewusstseins markiert wird, genügt eine Axt, um Freiräume zu schaffen.
Also wählen Mann und Frau den, der ihnen sagt: „Du darfst!“ Du darfst so denken, du darfst dich so aus den ohnedies fragwürdigen Konstrukten sozialer Verbundenheit zurückziehen, du bist okay. Und der zugleich mitliefert, wer nicht okay ist. Der die Schuldigen benennt.
Der Schöpfer der Transaktionsanalyse, Eric Berne, hält die Kurzformel „Ich bin okay – du bist nicht okay!“ für eine wirkmächtige Wurzel destruktiver Geisteshaltung. Von Berne stammt auch der Bestseller „Spiele der Erwachsenen“, in dem es nicht um „adult play“ geht, wie es die Pornoindustrie versteht.
Im Bereich politischer Pornografie lassen sich mit „Du bist okay, die anderen sind nicht okay!“ Wahlen gewinnen, je schamloser, desto effizienter. Spaltung heißt das dann, und auch schon ziemlich lange: „Divide et impera!“ Etwas Gutes wird daraus nicht, nicht einmal fünf gute Jahre.
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