Nichts gegen alte Hüte. Wenn sie das tun, was der zu behütende Kopf von ihnen erwartet. Schützen und schmücken. Und oft auch kenntlich machen. Vom Burschenschafter bis zum Amtskappl.
Dieser Tage hat einer die alten Hüte der Migrationsthematik hervorgeholt, „refreshed“ (sagt er selber) und als sein Programm vorgelegt: Andreas Babler. Und dann kam einer und hat ihn beim Wort genommen: Rainer Hazivar im Ö1-Morgenjournal. Hat nachgefragt, wie das eigentlich gehen soll. Was schon seit vielen Jahren als Rezept propagiert wird, zuletzt zur EU-Linie erhoben wurde … Asylverfahren außerhalb der Staatsgrenzen, Rechtsverfahren gegen EU-Staaten, die sich den gemeinsamen Verpflichtungen entziehen, gerechte Verteilung der Asylberechtigten. Und Babler wusste in diesem Interview wenig zu sagen außer, dass diese aufgewärmte Suppe ein tolles neues Programm sei. Und der interviewende Rainer Hazivar war so frech nachzufragen, was daran neu sei. Und wie er sich einzelne Punkte konkret vorstellte. Konkrete Antworten, vielleicht sogar etwas Bissfestes aus der Suppe gefischt? Nein.
Und schon brodelt es X-fach, kann man jetzt so sagen. „Twitterfach“ ginge eher nicht. Entrüstung macht sich breit. So dürfe man nicht fragen. Eine Unverschämtheit. Man hätte sogar die Atemgeräusche des Interviewers vernommen. Was sich der ORF und Ö1 und das Morgenjournal da wieder einmal geleistet hätten … die üblichen Nebengeräusche, wenn Parteien ihre Agitationsmaschinerie anwerfen. Oder auch nur der schmale Restbestand der gläubigen Parteigänger:innen sich auf den Schlips getreten fühlt.
Ich nehme zwecks Illustration nur einen Punkt heraus, der immer wieder und jetzt auch von Babler genannt wird: Asylverfahren außerhalb der Staatsgrenzen. Da möchte/muss ich nun als Russe oder Iraner oder Nigerianer, you name it, mein Heimatland verlassen/fliehen, weil ich andernfalls um mein Leben fürchten muss. Oder einfach hoffe, anderswo ein besseres Leben führen zu können. Dann würde mich mein Weg also – gehen wir einmal blauäugig von der EU-Lösung aus – zu irgendeiner Vertretung irgendeines eines EU-Staates führen.
Dort stehe ich dann, inmitten des mir feindlich gesinnten Landes, vor den Toren. Es sei denn, der/die Botschafter/in öffnen die Tore wie Rudolf Kirchschläger 1968 in Prag – der Normalfall dürfte anders verlaufen. Und wenn ich dort zusammen mit 20, 200, 2000 Fliehenden stehe, werde ich voller Geduld auf die korrekte Erledigung meines Asylverfahrens warten.
Oder ich habe mich irgendwie durchgekämpft, -geschlichen, -gemogelt, und sei es gegen Entrichtung horrender Beträge an einen der einträglichsten Einkommenszweige internationaler, mafiöser Strukturen, an einen Schlepper, dann stehe ich irgendwo vor dem Stacheldraht, am mediterranen Strand vor einem Schlauchboot oder vegetiere in einem Zeltlager bei 50° C und warte darauf, dass ich irgendwann bei irgendwem drankomme und alle erforderlichen Dokumente dabei habe. Verfahrensdauer bis zur Anerkennung meiner Asylberechtigung? God only knows …
Die Parolen klingen demagogisch verlockend, von „Klärung des Asylstatus außerhalb unserer Grenzen“ bis hin zu Wahnvorstellungen wie „Festung Österreich“. Funktioniert hat das noch nie, kann es auch nicht.
Lösungen? Bei hochkomplexen Sachverhalten gibt es keine Patentlösungen. Es geht um vernünftige Komplexitätsreduktion, um die Kunst, das Mögliche zu tun. War das nicht immer schon eine Definition von Politik? Wer mehr verspricht, steht in Reih und Glied mit den Populisten, die aus dem Migrationsthema billiges Kleingeld schlagen.
Bildquelle: Radka Schoene/pixelio.de