Blüte mit Marienkäfer

Was alles wählbar geworden ist

Nach dem Match ist vor dem Match. Darin sind sich Fußballer, Spin Doctors und Staatsmänner (Frauen selbstverständlich mitgemeint) einig.

In Thüringen hat am 1. September ’24 Bernd Höcke (Björn? Olaf … sorry, Oliver Welke bringt mich da immer aus dem Konzept) der AfD die relative Mehrheit verschafft. In Sachsen hat einer, den außerhalb Sachsens keiner kennt, die Mehrheit um ein paar Prozent-Zehntel verpasst. In Österreich wird der Nationalrat am 29. September gewählt. Wie weit nach rechts wird hier das Pendel ausschlagen?

Die Demoskopen waren sich schon mal einiger. Seit Umfragen zum gut bezahlten Werbemittel für die Beeinflussung von p.t. Wähler:innen verkommen sind, muss man ihnen misstrauen. Den Umfragen, nicht den Wähler:innen … siehe Thüringen, Sachsen … Österreich?

Es kann, siehe Thüringen und Sachsen, beim Verhandeln einer neuen Regierung durchaus auf geringfügige Unterschiede ankommen. In Österreich gibt es gravierende Unterschiede zu den deutschen Bundesländern, in denen jüngst gewählt wurde. Es gibt kein BSW, kein Bündnis Sahra Wagenknecht, das ein wenig Jonglieren beim Regieren erlauben würde, auch wenn für die Option CDU mit BSW, die in Thüringen mathematisch darstellbar wäre, die Fragezeichen fröhlich Schlange stehen.

Noch ist in Österreich vieles offen. Kommt es zum „bandwagon effect“, diesem Phänomen, das nach den Beobachtungen seiner Konstrukteure davon ausgeht, dass die (Miss-)Erfolge einer bestimmten politischen Richtung die Wähler:innen in einem anderen Land zu einem ähnlichen Stimmverhalten motivieren würden?
Übersetzt: Die Erfolge der laut BRD-Verfassungsschutz rechtsextremen Parteien in der BRD könnten Kickls FP mitziehen. Tendenziell waren die Augur:innen ja davon ausgegangen, dass die FPÖ in letzter Zeit an Stimmen verlöre, ganz leicht, aber doch genug, um (optisch wichtig) unter 30 % zu rutschen.

Wenn der bandwagon zieht, darf man davon ausgehen, dass sich nicht nur die Kickl-Follower:innen bestärkt fühlen, sondern auch die gemäßigt Rechten Nichtwähler:innen sich doch noch aufraffen, die ÖVP unter Nehammer zu stärken. Scherz am Rande: Die Rechtschreib-KI meines PC macht aus Nehammer einen Nehmer.
Und dann und vermutlich nur dann würde sich die Koalition FPÖ/ÖVP ausgehen, mit Kickl als Kanzler und wem auch immer als Vize. Für die Absolute, die ihm erlauben würde, ohne Koalition als Volkskanzler aufzutreten, wird es hoffentlich nicht reichen. Ich erlaube mir, in dem Kontext UHBP abgewandelt zu zitieren: „So deppert sind wir nicht“.

In allen anderen Koaiitionsformen kann sich Kickl 2024 nichts ausrechnen, und angesichts der internationalen, politischen Volatilität gerät 2029 zum beliebig phantasiebaren Horizont für alle und jede:n.

Alles in allem stehen die Chancen nicht schlecht, dass Österreich nicht dem schlechten Beispiel aus Ostdeutschland folgen wird. Sollte tatsächlich ein mehr oder weniger deutliches Drittel der Wähler:innen einem potenziellen Despoten ihr Votum verleihen, der nach jüngsten Bekundungen zwar kein Befürworter der Todesstrafe sei, der sie aber gemäß seinem Wahlspruch „Euer Wille geschehe!“ exekutieren würde, sollte sich das p.t. Wahlvolk zu einem entsprechenden Votum aufwiegeln lassen, dann ist Feuer am Dach. Lebensgefahr sozusagen.

Bildquelle: Uschi Dreiucker/pixelio.de